Elektromobilität im Mehrfamilienhaus – wie modernes Lastmanagement das gemeinsame Laden möglich macht

Elektromobilität ist längst Alltag, doch in Mehrfamilienhäusern stößt das Laden schnell an Grenzen. Wenn mehrere E-Autos gleichzeitig Strom ziehen, kann die verfügbare Leistung knapp werden. Ein modernes Lastmanagement sorgt dafür, dass die Energie intelligent verteilt wird – sicher, effizient und fair für alle Bewohner.

 

 

Die Zahl der Elektroautos in Deutschland wächst rasant – doch gerade in Mehrfamilienhäusern stehen viele Eigentümer und Hausverwaltungen vor einer entscheidenden Frage: Wie können mehrere E-Fahrzeuge gleichzeitig sicher geladen werden, ohne dass das Stromnetz an seine Grenzen kommt?

 

Was im Einfamilienhaus mit einer einzelnen Wallbox noch einfach ist, wird im Mehrparteienhaus schnell zur Herausforderung. Begrenzte Anschlussleistungen, unterschiedliche Nutzer und fehlende technische Vorbereitung führen häufig zu Konflikten oder Überlastungen. Die gute Nachricht: Mit einem intelligenten Lastmanagementsystem lässt sich dieses Problem zuverlässig lösen.

 

Warum ist das Laden im Mehrfamilienhaus so kompliziert?

 

Ein typischer Hausanschluss bietet nur eine begrenzte Stromstärke. Wird diese durch zu viele gleichzeitig ladende Fahrzeuge überschritten, droht eine Überlastung – im schlimmsten Fall ein kompletter Blackout.

 

Hinzu kommt:

 

  • Die Elektroinstallation vieler Gebäude stammt aus einer Zeit, in der Elektromobilität kein Thema war.
  • Jede Wohnung verfügt meist über ihren eigenen Stromzähler – eine gemeinsame Ladeinfrastruktur muss diese Struktur technisch und rechtlich berücksichtigen.
  • Ohne klare Abrechnungssysteme entstehen Unsicherheiten bei Kostenverteilung und Nutzung.

 

Die Folge: Eigentümergemeinschaften zögern oft, den Ausbau von Ladepunkten zu planen, weil sie die technische Komplexität und die Kosten fürchten. Doch genau hier setzt modernes Lastmanagement an.

 

Wie funktioniert ein Lastmanagementsystem und warum ist es so wichtig?

 

Ein Lastmanagementsystem überwacht die verfügbare Stromleistung am Hausanschluss und verteilt diese intelligent auf alle angeschlossenen Ladepunkte. Ziel ist es, die maximale Energieeffizienz zu erreichen, ohne die Sicherheit des Netzes zu gefährden.

 

Man unterscheidet zwischen zwei Arten:

 

  • Statisches Lastmanagement:
    Eine feste Gesamtleistung wird auf die aktiven Wallboxen verteilt. Lädt nur ein Fahrzeug, steht ihm die volle Leistung zur Verfügung. Laden mehrere gleichzeitig, teilt sich die Leistung entsprechend auf.
  • Dynamisches Lastmanagement:
    Diese Variante geht einen Schritt weiter. Sie misst kontinuierlich den gesamten Stromverbrauch im Gebäude – also auch Haushaltsstrom, Beleuchtung oder Heizsysteme – und passt die Ladeleistung in Echtzeit an.
    So kann das System flexibel reagieren und Überlastungen vermeiden, ohne unnötig Ladeleistung zu verschenken.

 

Der Vorteil liegt auf der Hand: Kein Stromausfall, keine unnötige Wartezeit und eine faire Verteilung der Energie für alle Nutzer.

 

Welche Probleme entstehen ohne Lastmanagement?

 

Ohne intelligente Steuerung ist das Risiko groß, dass der Hausanschluss überlastet wird.
Ein einfaches Beispiel verdeutlicht das:

 

Wenn über den Hausanschluss 120 Ampere zur Verfügung stehen und davon bereits 100 Ampere für das Gebäude benötigt werden, bleiben nur 20 Ampere für die Ladepunkte. Benötigt nun jede Wallbox 10 Ampere, können maximal zwei Fahrzeuge gleichzeitig laden – bei einem dritten kommt es zur Überlastung. Das Ergebnis: Sicherungen lösen aus, Verbraucher fallen aus und die Elektroinstallation wird unnötig beansprucht.

Ein Lastmanager verhindert genau das, indem er Leistung begrenzt oder automatisch anpasst – noch bevor es kritisch wird.

 

Wie ist eine moderne Ladeinfrastruktur aufgebaut?

 

Damit gemeinsames Laden funktioniert, braucht es eine durchdachte technische Basis.
In modernen Anlagen wird meist ein zentraler Ladeverteiler installiert, der mit den Zählerschränken der einzelnen Wohneinheiten verbunden ist.

 

Typischer Aufbau:

 

  • Ein separater Zählerschrank pro Hauseinheit
  • Ein zentraler Ladeverteiler für alle Stellplätze
  • Intelligente Steuerung über den Lastmanager
  • Absicherungen mit FI-Schutzschaltern und Überspannungsschutz
  • Möglichkeit zur späteren Erweiterung (z. B. Nachrüstung weiterer Wallboxen)

 

Dadurch bleibt das System flexibel und kann mit dem wachsenden Bedarf mitwachsen.

 

Wie werden mehrere Ladepunkte gesteuert?

 

Je nach Größe der Anlage können mehrere Wallboxen über einen Lastmanager betrieben werden. Das System misst kontinuierlich, wie viel Strom zur Verfügung steht, und verteilt die Leistung automatisch. Wenn z. B. nur ein Fahrzeug angeschlossen ist, erhält es die volle Leistung (z. B. 11 kW).
Sobald weitere Fahrzeuge laden, wird die Leistung fair aufgeteilt – ohne dass ein Nutzer eingreifen muss.

 

Die Kommunikation zwischen Wallbox und Lastmanager erfolgt digital, häufig über ein lokales Netzwerk oder das Stromnetz selbst. So ist jederzeit klar, wie viele Ladepunkte aktiv sind und welche Leistung aktuell genutzt wird.

 

Welche Sicherheitsaspekte müssen beachtet werden?

 

Beim Laden von Elektrofahrzeugen fließen über längere Zeit hohe Ströme – eine fachgerechte Auslegung ist daher entscheidend.
Wichtige Punkte sind:

 

  • Eigene Stromkreise für jede Wallbox
  • Fehlerstromschutzschalter (FI) entsprechend der Norm
  • Leitungsschutzschalter zur Absicherung
  • Überspannungsschutz, um empfindliche Elektronik zu schützen

 

Nur wenn diese Komponenten aufeinander abgestimmt sind, kann die Ladeinfrastruktur sicher und dauerhaft betrieben werden.

 

Wie funktioniert die Abrechnung des Ladestroms?

 

In Wohnanlagen stellt sich oft die Frage, wie die Kosten für das Laden gerecht verteilt werden.
Hier gibt es zwei gängige Modelle:

 

  1. Abrechnung über den Hauszähler:
    Der gesamte Stromverbrauch der Ladepunkte wird über den Hausanschluss gemessen und anteilig auf die Eigentümergemeinschaft umgelegt.
    Diese Variante ist einfach umzusetzen, eignet sich aber vor allem für kleinere Anlagen.
  2. Individuelle Verbrauchserfassung:
    Jede Wallbox besitzt einen eigenen, geeichten Zähler. So kann exakt ermittelt werden, wie viel Energie pro Stellplatz verbraucht wurde.
    Die Abrechnung erfolgt dann entweder über den Energieversorger oder intern über eine Verwaltungssoftware.

 

Zusätzlich kann der Zugang über RFID-Karten oder Schlüsselschalter geregelt werden – so lädt nur, wer berechtigt ist.

 

Welche Förderungen unterstützen die Installation?

 

Die Einrichtung von Ladeinfrastruktur in Mehrfamilienhäusern wird bundesweit gefördert. Neben der bekannten KfW-Förderung existieren in vielen Bundesländern regionale Programme, die den Einbau von Ladepunkten und Lastmanagementsystemen bezuschussen.

 

In Baden-Württemberg bietet beispielsweise die Landesförderbank Zuschüsse von bis zu 2.500 Euro pro Ladepunkt an. Das kann gerade bei größeren Anlagen mit mehreren Stellplätzen erhebliche Kosten einsparen.

 

Ein einfaches Rechenbeispiel verdeutlicht das Potenzial:

Bei 20 Stellplätzen ergibt sich eine Fördersumme von bis zu 50.000 Euro – bei Gesamtkosten von 100.000 Euro sinkt der Eigenanteil pro Stellplatz dadurch auf 2.500 Euro

 

Warum lohnt sich die Investition langfristig?

 

Ein durchdachtes Lademanagement ist nicht nur technisch sinnvoll, sondern auch ein klarer Wettbewerbsvorteil für Wohnanlagen.
Immobilien mit vorbereiteter Ladeinfrastruktur sind gefragter, moderner und nachhaltiger. Zudem schützen sie das Stromnetz, vermeiden Konflikte zwischen Bewohnern und reduzieren die laufenden Energiekosten durch optimale Verteilung.

 

Kurz gesagt: Wer heute auf intelligente Ladeinfrastruktur setzt, schafft die Grundlage für eine zuverlässige, sichere und faire Nutzung der Elektromobilität – ganz ohne Überlastung oder teure Nachrüstungen.

 

Lademangement im Mehrfamilienhaus: Mehrere Wallboxen in einer Tiefgarage.